Mit Trainingslagern in St. Peter-Ording, auf dem Belmeken (BUG) und in Kienbaum habe ich mich auf den Saisonhöhepunkt des Jahres 2017 vorbereitet, die Leichtathletikweltmeisterschaften in London/GBR. Dort konnte ich nach 1:20:53h meine beste Leistung der Saison abrufen und landete damit auf Platz 17. London bot dabei ein grandiose Kulisse. Die 2km lange Strecke auf dem Prachtboulevard "The Mall" war von begeisterten Zuschauern gesäumt.
Nach den Wettkämpfen im April und Mai stand erneut ein längerer Trainingsblock auf dem Plan, mit verschiedenen Trainingslagern. Anfang Juni verweilte ich erstmal eine Woche lang in St. Peter Ording. Die unbekannte Kulisse sollte dabei für etwas Abwechslung sorgen und neue Motivation bringen. Trainiert habe ich an der Nordseeküste unter anderem mit der Trainingsgruppe der Bundesnachwuchstrainerin, meiner ehemaligen Trainerin Manja Berger. Die Trainingsinhalte waren dabei weit gestreut, von Laufen, Gehen, Rad, Märschen und Athletiktraining. Das Wetter zeigte sich allerdings von seiner wechselhaften Seite, Sonne und warmen Temperaturen bis zu Starkregen und Sturm war alles dabei.
Am 21. Juni ging es für mich dann ins Trainingslager auf die Sportbasis Belmeken in Bulgarien. Hier habe ich mich schon in den vergangenen Jahren auf den Saisonhöhepunkt vorbereitet. 4 Wochen Training standen für mich in der Kulisse des Rilagebirges an, zusammen mit Christopher Linke, Nils Brembach (beide SC Potsdam), Carl Dohmann (SCL -Heel Baden-Baden), Jonathan Hilbert (LG Ohra Energie) und Karl Junghannß (LAC Erfurt).
4 Wochen Trainingslager in der Höhe bieten auch die Möglichkeit nicht alles übers Knie brechen zu müssen, sondern sich über eine Aneinanderreihung von Reizen zu entwickeln. So absolvierte ich viele Kilometer von Staumauer zu Staumauer entlang des Belmeken-Stausees. Daneben bietet der Sportkomplex auch Möglichkeiten für Athletik-Training, zum Tischtennis spielen, aber auch eine Schwimmhalle mit Sauna, welche täglich zur Regeneration aufgesucht wurde. Die Bergwelt erkundete ich auch auf einigen Wanderungen. Neben den klassischen Einheiten zur Entwicklung der Grundlagenausdauer, welche als Fundament für Höchstleistungen vom großer Bedeutung sind, gab es auch einige intensive Einheiten. So ging es auch bergauf (16 Kilometer mit einer Höhendifferenz von rund 700m), bzw einige schnelle Einheiten auf dem flachen Staudamm. Für unsere Einsatzfähigkeit sorgten die Physiotherapeuten Marco Pelz und Thorsten Heß, welche unseren Trainer auch bei der Trainingsbetreuung unterstützten.
Das Training lief für mich erstaunlich gut. Mit der Ankunft am Belmeken waren sämtlich bis dahin bestehende Problemchen verschwunden und ich konnte fast alle Einheiten wie geplant absolvieren, auch auf einem für mich sehr hohen Niveau. So ging es hochmotiviert in die letzten Trainingswochen daheim.
Nach dem Trainingslager auf dem Belmeken trennten sich unsere Wege und jeder bereitete sich nach eigenen Vorstellungen vor. Christopher und Nils trainierten unter der Leitung von Ronald Weigel die letzten 2 Wochen vor der WM in der Höhe von St. Moritz, während es mich zusammen mit Karl Junghannß nach Kienbaum in das dortige Bundesleistungszentrum zog. Für mich ist dies der perfekte Ort für die finale Vorbereitung. Dort kann ich mich perfekt fokussieren. So ist für Vollverpflegung gesorgt, die 2,5km lange Asphaltrunde ist nur wenige Meter von den Unterkünfte entfernt, außerdem steht eine physiotherapeutische Betreuung jederzeit zur Verfügung, da der DLV für das gesamte WM-Team die finale Vorbereitung in Kienbaum plante. Die erste Woche konnten ich einige Einheiten auch mit der Potsdamer Nachwuchsgruppe trainieren, welche sich gleichzeitig auf die Deutschen Jugendmeisterschaften vorbereiteten. Manja Berger war außerdem die kompletten 2 Wochen an unserer Seite und sorgte damit für die optimale Betreuung vor Ort, an drei Tagen auch durch Peter Selzer vertreten. Der Trainingsplan war nun nicht mehr so gefüllt. Es hieß vor allem die Energiespeicher wieder aufzufüllen. Trotzdem standen einige intensive Einheiten auf dem Plan, aber nicht mehr so geballt.
Zwischendurch hatte ich auch Besuch von David Krause vom Radio Fritz. Beim "Interview im Gehen" unterhielten wir uns etwas über die Sportart und meinen eingeschlagenen Weg.
Bis zum 10. August wollte ich in Kienbaum verweilen und von dort direkt die Anreise nach London antreten. So blieb genug Zeit, die WM-Athmosphäre im Fernsehen wahrzunehmen. Dabei hört man auch von Problemen mit dem Noro-Virus. Dies hat mich erstmal nicht interessiert, so lange ich in Kienbaum war. Beeinträchtigt hat es mich, als die Vorsichtsmaßnahmen des DLV erhöht wurden, wir deshalb in London ein anderes Hotel beziehen sollten. Einen Tag vor der geplanten Abreise, wurde dann auch unser Flug verschoben, um 24h, sowie ein komplett isoliertes Hotel zugeteilt. Dies hat meine Planungen der letzten Tage etwas durcheinander gebracht. Unser neues Hotel war zwar nun nur noch 1 Kilometer von der Strecke entfernt, da es aber kein offizielles Hotel der IAAF war, musste man sich nun aber um das Essen (Ausnahme Frühstück) selbst sorgen. Im Nachhinein war es zumindest keine falsche Entscheidung. Die Ansteckungsgefahr war durch die Maßnahme auf 0 reduziert, ein Physiotherapeut extra für uns Geher noch eingeflogen, und der Wettkampf lief zum Glück auch gut. So ging es also statt Donnerstag erst Freitagabend in die britische Hauptstadt.
Am Sonntag wurden dann als "Festival der Geher" alle Entscheidungen im Gehen ausgetragen. Mit Carl Dohmann und Karl Junghannß haben uns die 50km-Geher mit Platz 10 und 13 gleich mächtig unter Druck gesetzt. Die Bedingungen waren also auch sehr gut. Eine schnelle Strecke vor einer tollen Kulisse, 2km-Pendelstrecke zwischen dem Buckingham Palace und Admirals Arch - und rundherum voller Zuschauer. Mein Ziel war diese Bedingungen für eine neue Saisonbestleistungen zu nutzen, vor allem mit einer guten 2. Rennhälfte. Wie erwartet ging es vom Startschuss schnell los. Nach gut 1 Kilometer fand ich mich fast am Ende des Feldes wieder. Diese Phase nutzte ich aber auch um mich zu orientieren, wo sich eine Gruppe bilden könnte mit dem gleichen Vorhaben. Diese fand ich in den Italienern Giorgio Rubino und Francesco Fortunato. Schnell schlossen sich weitere Geher unserer Gruppe an und fast genauso schnell mussten vor mir die ersten schon dem hohen Anfangstempo Tribut zollen und die Aufholjagd begann. Giorgio und ich, sowie in der ersten Rennhälfte auch Mauricio Arteaga aus Ecuador, sorgten dabei für ein konstant hohes Tempo. Die 5-Kilometermarke passierten wir nach 20:24min auf Platz 41, die Halbzeit nach 40:44min auf Platz 32. Und so holten sich unsere Gruppe Platz für Platz zurück, einige fielen aus dieser heraus, dafür nutzten Eingeholte diese zum Mitgehen. Die 15km-Marke passierte ich nach 1:00:49h auf Platz 21 liegend und versuchte das Tempo weiter hochzuhalten. Auf der letzten Runde konnte ich dem Antritt von Nils und Giorgio leider nicht folgen. So blieb am Ende Rang 17 in neuer Saisonbestleistung von 1:20:53h. Jeden 5-Kilometerabschnitt konnte ich dabei zu legen. Auch deshalb bin ich mit der Zeit sehr zufrieden. Das Rennen lief wie vorab geplant, wenn nicht sogar etwas schneller.
Der Wettkampf hat wirklich Spaß gemacht, zum einen weil der Plan voll auf ging, aber auch weil die Stimmung fantastisch war. Diese Kulisse erlebt man als Geher leider eher selten. Neben den vielen internationalen Zuschauern waren auch viele deutsche Fans auf der Strecke verteilt, welche einen die ganze Zeit animierten Vollgas zu geben. Am Ende kam das in der Breite schnellste Rennen bei Weltmeisterschaften heraus. Bis auf Paris 2003 hat eine Zeit unter 1:21h immer für eine Top10-Platzierung gereicht. Im nächsten Jahr steht nun die Heim-EM in Berlin an. Im Hinblick darauf zeigten sich vor allem die europäischen Geher in London sehr stark. Trotzdem sehe ich mich auf einen guten Weg dahin.
Nun stehen für mich einige ruhige Tage an. Am 16. September werde ich noch bei den Deutschen Meisterschaften im Bahngehen in Diez an den Start gehen. Ob dann noch ein Start über 50km in Gleina ansteht, entscheide ich in den nächsten Tagen, schließlich haben die beiden C/Karls gut vorgelegt.
Herzlichen Glückwunsch auch an Christopher Linke, welcher in starken 1:19:21h auf Platz 5 ins Ziel kam, und an Nils Brembach zur neuen persönlichen Bestleistung (1:20:42h) und Platz 15. Wir sind gut gerüstet für Berlin 2018. Vielen Dank an alle, die mich in einem nicht ganz optimalen Jahr unterstützt haben, an meinen Trainer Ronald Weigel, unserere Physiotherapeuten Marco Pelz und Thorsten Heß, die sämtliche Traingslager begleiteten, Manja Berger, Volker Umlauft-Berger und Peter Selzer, für die Trainingsbetreuungen in St. Peter Ordnung und/bzw. Kienbaum, an das IAT Leipzig und die Sportmedizin der Charite Berlin, meine Sponsoren, allen voran der Bundespolizei und alle die sich für die Potsdamer Leichtathletik einsetzen, sowie natürlich an meine Familie, welche immer hinter mir steht.
Presse
> MOZ - "Jahresbestzeit beim Saison-Höhepunkt" (16. August 2017)
> PNN - "Leichtathletik-WM: Hohes Risiko über 20km" (14. August 2017)
> ARD - Sportschau - "Linke geht wie in Rio als Fünfter ins Ziel" (13. August 2017)
> leichtathletik.de - "Christopher Linke im Medaillen-Rennen nur knapp geschlagen" (13. August 2017)